Im Corona - Sperrgebiet
Satire Magazin
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GERT STARKE

Gerhart Starke, Jahrgang 1931, arbeitete als Redakteur, Cheftexter und Atelierleiter in einem Weltunternehmen. 1983 machte er sich selbständig und gründete in Nürnberg eine Agentur für verbale und visuelle Kommunikation. Der heute in der Nähe von Erlangen lebende Autor ist verheiratet und hat zwei Kinder.

 

 

Ein bisschen Autobiografisches ist schon dabei...

 

Schon dass ich zur Welt kam, passte mir nicht, denn ich wollte nicht geboren werden. Und als ich dann mit Gewalt in diese Welt gezerrt wurde, wehrte ich mich mit Händen und Füßen. Ich schrie, was das Zeug hält, man hängte mich an den Beinen auf, den Kopf nach unten und schlug mir auf den Po und als ich daraufhin furchtbar schrie, freute man sich. So durchlebte ich weit über  achtzig Jahre  gegen meinen Willen und wurde durch widrige Umstände gezwungen, mich mit dem Leben anzufreunden. Das gelang mir dann einigerrmassen, aber es dauerte lang. Denn dann kamen die Verfolger, die Aufpasser und Notengeber. Die erste war die Kindergärtnerin, die meinen Verfehlungen auflauerte und mich zur Rede stellte. Sie genoss es, mich zu demütigen, indem sie mich vor den anderen Kindern bloßstellte. Dann all  die selbsternannten Erzieher, die antiautoritären Nichterzieher, die Nurgutmeiner, die  Nachbarn, die Leute auf der Straße, der Straßenbahnschaffner, alle. Ich  musste  andauernd Spinat essen, zum Friseur gehen, meine Zähne putzen und saubere Hände haben. Das alles mochte ich nicht und machte es nicht. Dann kamen die Lehrer und schmissen wohlwollend genüsslich mit schlechten Noten nach mir. Ich hatte nur einen einzigen Lehrer, der zugleich auch Pädagoge war. Und alle sangen gemeinsam im Chor: „aus dir kann niemals etwas werden, wenn du so weiter machst“. Ich machte so weiter und gammelte vor mich hin. Nichts, woran ich mich festhalten konnte. Gott kannte ich nicht und Idole gab es keine. Eine Freundin hatte ich nicht. Ich war unzufrieden mit mir. Urplötzlich strengte ich mich an, lernte, büffelte, studierte, weil ich nicht mehr wollte, dass immer nur die anderen das Sagen über mich hatten. „Ich erforschte die deutsche Sprache und Literatur in ihren historischen und gegenwärtigen Erscheinungsformen“, Ich musste das tun, weil ich Germanistik studierte. Daraufhin wurde ich Lehrer. Dann wurde ich Angestellter. Kleiner, mittlerer. Meine ersten Erfahrungen im embryonalen Gehäuse und in den ersten Jahren meines Lebens prägten mich am meisten und deshalb habe ich Albträume, eingebildete Ängste und glaube manchmal nicht ganz normal zu sein. Noch heute kenne ich mich nicht so richtig und muß immer erst einen Psychologen fragen, wer und wie ich eigentlich bin, der weiß es auch nicht. Wie soll ich dann nur....
(Auszug aus meinem Roman "Der Herr Böhm, die Hure und ich")

 

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© Gerhart Starke